Lembadion bullinum

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Lembadion bullinum

#1 Beitrag von SNoK » 28. Dezember 2021, 14:55

Liebe Tümplerinnen und Tümpler,

aus einer Feuchtwiese direkt bei mir vor der Haustür in Kronberg im Taunus habe ich Lembadion bullinum gezogen.

Die Bestimmung ist ziemlich eindeutig. Die Gattung ist durch den riesigen Oralapparat (Oa) klar als Lembadion zu identifizieren. Und durch die Größe, mein Exemplar war 150 µm lang, und die gefelderte Pellicula, ist es auch eindeutig die Art L. bullinum und nicht L. magnum, dessen Pellicula gestreift ist.

Es gibt einen großen ovalen Makronucleus (Ma) und einen kleinen Mikronucleus (Mi). Mein Exemplar hatte ca. 50-55 longitudinale Wimpernreihen (Wi), wenn man beide Seiten zusammen addiert, und auch die Felderung (Fe) ist auf einem Bild sehr gut zu erkennen. Am rechten Rand vom Oralapparat ist eine große Membranelle zu sehen (Me) und eine undulierende Menbran (UM) am linken (das ist von der Lage eigentlich umgekehrt, liegt aber daran, wie mein Tier unter dem Deckglas lag). Die kontraktive Vakuole (cV) am Hinterende entleert sich über einen langen Kanal (K) an der Ventralseite. Caudal gibt es ein paar lange Wimpern (CW).

Eine Frage habe ich: Was sind diese hyalinen Bubbel an den beiden Seiten? Das Tier war nicht geplatzt, sondern quicklebendig.

Grüße und viel Spaß beim Schauen
Stephan

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Re: Lembadion bullinum

#2 Beitrag von Pelagodileptus » 28. Dezember 2021, 16:16

Hallo Stephan,

diese Bubbel kommen vom Deckglasdruck und einigen anderen Faktoren, die sich unter dem Deckglas abspielen. Meist dann, wenn die Tierchen anfangen sich zu verabschieden, man kann es auch als Depression bezeichnen!

Liebe Grüße,
Michael

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Re: Lembadion bullinum

#3 Beitrag von SNoK » 28. Dezember 2021, 16:45

Lieber Michael,

was mich nur wundert, ist, dass ich das ansonsten in dieser Form noch nicht gesehen habe. Meist wölbt sich die Körperoberfläche auf, platzt, und dann tritt der Körperinhalt aus. Hier hatte ich aber bewusst die Schichtdicke nicht zu dünn gewählt, damit sich das Tier halbwegs normal bewegt, was es auch tat. Und diese Bubbel waren von Anfang an da und sahen bis zum Schluss so aus, als ob sie oben drauf säßen, wie Parasiten. Könnte es nicht was anderes sein?

Grüße
Stephan
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Re: Lembadion bullinum

#4 Beitrag von paramecium » 29. Dezember 2021, 07:46

Hallo Stephan,

Glückwunsch zu den tollen Abbildungen.

Die "Bubbles" sind sicherlich austretendes Cytoplasma. Typischerweise passiert das, wie Michael schon schrieb durch Deckglasdruck (Quetschpräparation). In Deinem Fall hast Du es, falls ich Deine Zeilen richtig interpretiere, frei schwimmend beobachtet. In diesem Fall könnte die Verletzung durch das Pipettieren und die folgende Mikropräparation hervorgerufen sein.

Ich beobachte solche Artefakte recht häufig bei der Quetschpräparation. Aufgrund der erstaunlichen Regenerationsfähigkeit können sich die Ciliaten rasch davon erholen. Sobald die Bedingungen wieder besser werden, "saugen" sie das Cytoplasma bald wieder in die normale Form innerhalb der gegebenen äußeren, durch die Pellicula definierte Form.

Es wäre interessant solche Dinge über einen längeren Zeitraum zu beobachten und zu sehen, wie die Regeneration abläuft. Bei Paramecium habe ich diese Regeneration schon häufig beobachtet. Sobald man bei der Quetschpräparation solchen Austritt des Cytoplasmas beobachtet, kann man wieder einen kleinen Wassertropfen von der Seite zugeben. Dies erhöht die Schichtdicke und die gequetschten Organismen können beobachtet werden, wie sie sich wieder regenerieren.

Lembadion könnte eine ähnlich starre Struktur besitzen, wie Coleps (Michael berichtete über die Kalkstrukturen von Coleps). Ich beschäftige mich erst seit Michaels Beitrag intensiver mit der Zusammensetzung der Pellicula der Ciliaten. Bei einer starren Außenhülle kann es hier eventuell Brüche geben, z.B. durch das Pipettieren, durch die das Cytoplasma austritt.

Die äußere Zellhülle hat übrigens nichts mit dem "Cytoskelett" gemein, welches das in der Zelle im Cytoplasma befindliche Gebilde von Protein Filamenten bezeichnet (Mikrotubuli, Actinfilamente). Allerdings nehme ich an, dass das Cytoplasma offenbar noch eine Grenzschicht oder eine Membran an den Austrittsstellen auszubilden vermag, so dass es sich nicht mit dem umgeben Medium vermischt (oder gar löst). Es bildet ja, wie die Beobachtung zeigt, eine zusammenhängende Struktur, die wieder in die Zelle hinein gezogen werden kann. Dies kann unter Umständen auf Fähigkeiten des Cytoskeletts zurückzuführen sein, die das Cytoplasma auch dann bis zu einem gewissen Grad stabilisieren und wieder in die Zelle hineinziehen können, wenn die Außenhülle verletzt ist. Genauer beobachtet hat diese Mechanismen m.W. jedoch noch keiner. Die Darstellung des Cytoskeletts bei Ciliaten gelingt wohl bislang nur bei fixierten Exemplaren. Auch mir ist es noch nicht gelungen solche Vorgänge mit speziellen Marker-Fluorochromen für Actin oder Tubilin an den lebenden Zellen zu beobachten.

Gruß

Thilo

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