Oxytrichidae - Paraurostyla

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Oxytrichidae - Paraurostyla

#1 Beitrag von SNoK » 14. Januar 2021, 19:35

Wenn ich nur wüßt, was es ist. Cilitaten sind interessant, aber es gibt so viele. Dieses habe ich in meinem Aquarium gefunden (24°C). In der Literatur komme ich nicht viel weiter, als dass es wohl die Familie Oxytrichidae ist, und ggf. Paraurostyla sp. sein könnte. Aber isses das auch? Wer kann helfen. Das Tierchen ist ungefähr 250 µm lang.

Ich habe gesehen, dass Angie vor Jahren auch mal in dieser Sache unterwegs war. Ist da was bei rausgekommen?

Grüße nach eineinhalb Stunden Recherche

Stephan


Aufnahme bei 40x mit Plan Fluotar und DIK
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Aufnahme bei 40x mit Plan Fluotar und DIK
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Re: Oxytrichidae - Paraurostyla

#2 Beitrag von SNoK » 15. Januar 2021, 16:09

SNoK hat geschrieben:
14. Januar 2021, 19:35
Wenn ich nur wüßt, was es ist. Cilitaten sind interessant, aber es gibt so viele. Dieses habe ich in meinem Aquarium gefunden (24°C). In der Literatur komme ich nicht viel weiter, als dass es wohl die Familie Oxytrichidae ist, und ggf. Paraurostyla sp. sein könnte. Aber isses das auch? Wer kann helfen. Das Tierchen ist ungefähr 250 µm lang.

Ich habe gesehen, dass Angie vor Jahren auch mal in dieser Sache unterwegs war. Ist da was bei rausgekommen?

Grüße nach eineinhalb Stunden Recherche

Stephan



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Re: ...eher Urostylidea

#3 Beitrag von paramecium » 15. Januar 2021, 18:48

Hallo Stephan,

ich finde toll, dass Du Dich auch an die Hypotrichen heranwagst.

Es ist immer schwer die zu bestimmen. Deine letzte Aufnahme ist schon sehr gut. Man muss die Anordnung und Anzahl der Cirren bäuchlings und in der Kopfregion immer gut erkennen. Das ist bei den Hypotrichen oft schwer, da sie nicht in eine Fokusebene zu legen sind. Experten bevorzugen daher eher die Versilberung, als zu versuchen dies an den agilen Kreaturen einzuschätzen. Dennoch bekommt man das mit schiefer Beleuchtung oder DIC gut hin, benötigt aber einige Geduld und viele Aufnahmen der zappeligen Viecher.

Paraurostyla weissei wäre deutlich durch eine kortikale Granula (dorsal) erkennbar, die meist deutlich goldgelb oder gelbgrün in einem Liniensystem angeordnet ist. Um diese Farbgebung einzuschätzen sind DIC Aufnahmen manchmal wenig hilfreich. Allerdings scheint mir dies bei Deinem Exemplar auch nicht der Fall. Auch passen die zwei-reihigen Ventralcirren hier nicht. Paraurostyla haben mehrere Reihen von Ventralcirren über die ganze Bauchseite verteilt. Würde davor aber noch einige Abbildungen der Kopf- und Bauchregion sehen, bei denen die Ansätze der Frontalcirren, Buccalcirren und die Anordnung der mittleren Cirren deutlich zu erkennen sind. Ferner hat das abgebildete Exemplar für meinen Geschmack zu viele Transversalcirren, um als Paraurostyla durch zu gehen. Ich hier meine 7 oder mehr in einer Reihe zu zählen. Auch das weist nicht auf die Oxytrichen, sondern auf andere Gattungen hin.

Ich tippe nicht auf Paraurostyla. Ich hatte die vier Bände von Helmut Berger kurz überflogen und war bei den Urostylidea hängen geblieben.

Ich habe Dir mal das Schema der Anordnung der Cirren bei den Urostylidea angehängt, an dem ich mich hier eher orientieren würde. Hier stimmt schon vieles mit Deiner Aufnahme überein.

PS: Täusche ich mich, oder haben Deine Viecher tatsächlich nicht zwei große, sondern viele Macronuclei oder gar einen moniliformen Macronucleus?

Literatur: Berger, H. Monograph of the Urostylidea. Springer 2006.

Gruß

Thilo
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Re: Oxytrichidae - Paraurostyla

#4 Beitrag von SNoK » 15. Januar 2021, 22:48

Lieber Thilo,

vielen Dank für Deine fachkundigen Ratschläge. Bei Kahl hieß Paraurostyla noch Urostyla und gehörte zur Familie der Oxytrichidae. Gibt es inzwischen eine Familie Urostylidae? Bei Kahl nicht. Von Urostyla gibt es 18 Arten bei Kahl. Ich hatte nicht gesagt, dass es P. weissei ist, denn da passte einiges nicht. Aber ich habe schon das Gefühl, dass es eine Urostyla-Art (= Paraurostyla) sein könnte. Aber den Berger habe ich leider nicht, und mit Foissner bin ich auch nicht weiter gekommen. Was die Kerne angeht, kann sein. Auf dem zweiten Bild scheint man bandförmige Nuclei zu sehen. Ich habe noch bestimmt zwei Dutzend Aufnahmen, befürchte aber, dass die nicht schlauer machen. Ich fange die Tage mal an Wimpern bzw. Cirren zu zählen.

Grüße
Stephan
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Re: Oxytrichidae - Paraurostyla

#5 Beitrag von SNoK » 16. Januar 2021, 00:04

Ich habe noch mal in der Literatur rumgewühlt. Es könnte vielleicht Paraurostyla viridis sein, wegen der Zoochlorellen. Das haben die anderen nicht.

Stephan
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Re: Oxytrichidae - Paraurostyla

#6 Beitrag von paramecium » 16. Januar 2021, 11:39

Lieber Stephan,

die tatsächliche Anzahl der Ventralcirren in Deiner letzten Aufnahme ist schwer einzuschätzen. In Deiner Abbildung würde ich hier nur eine zwei-reihige Linie von Ventralcirren finden (mittlere Pfeile), was eher auf Holosticha hinweisen könnte. Wie gesagt orientiere ich mich auch an den 7-8 dicht nebeneinander liegenden Transversalcirren am hinteren Ende. Das ist auf einzelnen Fotos manchmal schwer einzuschätzen. Lebend beobachtet kommt man oft zu anderen Ergebnissen, als im Foto. Wie ist es bei der Lebendbeobachtung gewesen? Hattest Du ebenfalls nur diese mittlere Cirrenreihe gesehen oder mehrere nebeneinander liegende Cirrenreihen verteilt über die ganze Bauchseite? Was mich irritiert sind die mehrreihig angeordneten Cirren an der rechten Marginalreihe in Deinem Bild (gegenüberliegende Pfeile). Waren hier rechts und links eine oder zwei nebeneinander liegende Cirrenreihen am Rande zu erkennen? Im Foto geht das manchmal auch durcheinander, weil die Cirren wellenförmig schlagen und in der Fokusebene angeschnitten wie mehrere Reihen erscheinen können.

Ebenfalls wichtig ist die Kernfigur. Die von Dir genannten (Para-) Urostyla Arten besitzen nur zwei recht große Macronuclei mit angelagertem Micronucleus, die sich auf die beiden Körperhälften verteilen. Bei Dir sind vermutlich mehrere Macronuclei wie an einer Schnur (moniliform) zu sehen. Das könnte zweierlei bedeuten: Entweder handelt es sich (1) um einen Kernzerfall nach vorausgegangener Kopulation (eher selten zu sehen), oder um (2) einen multiplen oder moniliformen Großkern (in Ruhephase). Dazu müsste man verschiedene Exemplare abbilden, eventuell nach mehreren Stunden oder Tagen in der feuchten Kammer noch einmal beobachten, wie sich die Kerne nach weiteren Teilungen entwickeln.

Handelt es sich hier tatsächlich um eine Art, die viele Großkerne, eventuell auch einen moniliformen Macronucleus besitzt, sowie nur zwei-reihig angelegte Ventralcirren zu beobachten, dann wäre zusammen mit den vielen (nicht nur 6) Transversalcirren am Hinterende Holosticha (z.B. monilata) ein wahrscheinlicher Hinweis.

Der Einschätzung von Zoochlorellen möchte ich zunächst nicht folgen. Diese großen Arten fressen gerne Algen. Dabei handelt es sich aber nicht um Zoochlorellen.

Übrigens: Paraurostyla viridis wurde nach dem Erscheinen des Ciliatenatlas (Foissner et al., 1991) von Berger (2006) inzwischen wieder in Urostyla viridis umbenannt. Gründe sind taxonomischer Art. Dabei geht man teilweise von dem beschreibenden Erstautor aus, bei erforderlichen Umsortierungen in andere Gattungen eben auch von den Artmerkmalen aus, was neuerdings teilweise auch genetische Untersuchungen nahelegen. Foissner hat mehrfach Arten umgestellt, wobei spätere Autoren dem manchmal folgen, manchmal nicht und eine neuerliche Revision vornehmen. Helmut Berger war ja selbst auch am Ciliatenatlas beteiligt. Er hat sicherlich seine Gründe. Foissner selbst hat einige seiner Umstellungen auch später wieder zurückgenommen. Das wird die Zeit klären. Ausgehend von genetischen Untersuchungen wird die Artbestimmung der Hypotrichen allerdings noch unübersichtlicher... [smile_xd.gif] Das liegt allerdings wohl auch daran, dass man derzeit oft nur kleine "Subunits" der ribsosomalen DNA zur Artbestimmung heranzieht. Diese Abschnitte der Gene können bei morphologisch unterschiedlichen Arten manchmal sehr ähnlich sein, bei morphologisch ähnlichen Arten zu kuriosen Umstellungen führen, aufgrund großer Variationen dieser Genabschnitte. Auch Spirostomum ist gerade im Wandel. Mein eigenes Projekt wird hier sicherlich einen Beitrag leisten.

Viele Grüße

Thilo
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Re: Oxytrichidae - Paraurostyla

#7 Beitrag von SNoK » 16. Januar 2021, 18:08

Lieber Thilo,

das ist alles schon spannend, aber für mich wird es langsam zu kompliziert. P. viridis ziehe ich zurück. Ich hatte mir auch schon gedacht, dass es keine Zoochlorellen, sondern nur gefressene Algen sind. Und dann stimmt die Zahl der Transversalzirren auch nicht, denn es sind eindeutig mehr als fünf auf meinem Bild, ich zähle sieben. Was die Kerne angeht passen andere Arten und auch Gattungen besser. Ich habe alle meine Bilder durchgeschaut, habe aber kein besseren mit den Zirren. Was ich aber machen werde, ist, noch mal eine Probe aus dem Aquarium zu nehmen. Die waren so zahlreich und müssten eigentlich wieder zu finden sein. Dann schicke ich neue Fotos, an denen Du Dich „abarbeiten“ kannst. Ich schaffe das mit meiner Literatur nicht. Die Berger-Bände übersteigen das, was ich bereit bin auszugeben, selbst als eBooks. Und derzeit will ich mich auch nicht so spezialisieren. Aber wir machen in dieser Sache weiter. Ich hatte das auch in den anderen beiden Foren eingestellt, aber da kam nur ein kurzer Beitrag und sonst leider bisher nichts mehr.

Nachsatz: Jetzt bin ich doch noch mal die Bestimmungsschlüssel bei Wenzel und bei Kahl genau durchgegangen, und lande beide Male bei Urostyla. Bei Kahl lande ich bei der Art U. fulva.

Grüße
Stephan
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Re: Oxytrichidae - Paraurostyla

#8 Beitrag von paramecium » 16. Januar 2021, 19:31

Ja, der Springer Shop ist schon lustig. Da werden 245,- für das eBook aufgerufen und weiter unten kannst Du jeden der vier Bände in zwei Kapiteln zu je 26,70 kaufen. Ich meinte mich zu erinnern, den Tipp fand ich auf Bergers Website selbst versteckt gefunden zu haben. Wenn Du hier noch Fragen zur Vervollständigung der fehlenden Teile hast, kannst Du mich gerne kontaktieren.

Zusammen genommen ergeben die vier Bände übrigens knapp 4.000 Seiten. Das macht die Bestimmung also nicht unbedingt leichter... [smile_xd.gif]

Die Zeichnungen bei Berger sind sicherlich wertvoller, als die Zeichnungen bei Kahl. Zumal viele Hypotriche neu sortiert, umbenannt oder verworfen wurden, andere Arten natürlich hinzukommen.

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Re: Oxytrichidae - Paraurostyla

#9 Beitrag von SNoK » 16. Januar 2021, 21:33

Ich habe das mit Berger und den Kapiteln auch schon gesehen. Im Moment habe ich einen 40% Rabattgutschein von Springer. Mal sehen, ob das nur für einen Band gilt. Sonst wäre es 4x 53,40 Euro = 213,60 Euro...und 4000 Seiten zum „Stöbern“.

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Re: Oxytrichidae - Paraurostyla

#10 Beitrag von paramecium » 16. Januar 2021, 21:41

Bin gespannt auf Deine nächsten Bilder. Es bleibt spannend.

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