Liebe Tümpler,
die Erkundung der lokalen Sumpfgebiete, hier werden sie die Maar genannt (nicht zu verwechseln mit den Eifelmaaren), erbrachte ein neues Revier welches besonders dichte Ciliatenpopulationen beheimatet. Hier der erste Nachweis für Paramecium caudatum für die Ballenmaar bei Heimerzheim. Die Individuen sind hier recht groß (ca. 250-260µm), so dass an der Bestimmung zunächst Zweifel aufkamen. Erst die von mir entwickelte Doppelfärbung in Fluoreszenz erbrachte Klarheit. Der Micronucleus der Individuen ist etwa 8 µm groß. Struktur und Größe des Mi sprechen damit für Paramecium caudatum.
Dies ist es nun mein erster Fund von P. caudatum in einem der Sumpfgebiete rund um Bornheim (Rheinland). P. caudatum ist hier derzeit einer der häufigsten Ciliaten in einer meiner Proben. Dennoch bestätigt sich auch hier wieder, dass die lokale Häufigkeit der Ciliaten sehr stark variieren kann. An verschiedenen, wenige Meter auseinander liegenden Stellen, an denen die Proben entnommen wurden, können teilweise sehr verschiedene Artengemeinschaften gefunden werden.
Paramecium caudatum, das berühmte Pantoffeltier, zu finden ist nicht so einfach, wie man meint. Als Schüler habe ich viele Proben durchmustert, es aber nie gefunden. Eher ist es wahrscheinlich gewesen eine der vielen Hypotrichen (Oxytricha) in Heuaufgüssen zu finden. Paramecium caudatum habe ich erstmals vor wenigen Jahren in einem meiner Aquarien aus einer Kultur isoliert und halte es seither in Kultur. Hier ist es vermutlich mit dem Lebendfutter für die Buntbarsche in das Aquarium gelangt. Vor einigen jahren fand ich erstmals ein frei lebendes Individuum im Rhein bei einer Exkursion des Mikroskopischen Kollegiums Bonn. Nun habe ich erstmals eine dichte Poplation in der Ballenmaar finden können.
Ich freue mich, dass die Färbemethode nun nach drei Jahren der Erprobung auch veröffentlicht wurde und auch diesmal zur Bestimmung beitragen konnte. Natürlich habe ich eine weitere Kultur dieser Paramecium Population angelegt und hoffe, dass ich sie länger bewahren kann.
Hier geht es zum Bestimmungsschlüssel weiterer Paramecium Arten: viewtopic.php?f=64&t=679
Gruß
Thilo
Literatur: T. Bauer, Fluoreszenz-Doppelfärbung mit Hoechst 33342 und Acridinorange zur Bestimmung der Arten von
Ciliaten (Phylum: Ciliophora), Mikroskopie, 1/2019, Dustri Verlag.
Bild 1: Paramecium caudatum, frei schwimmend, Hellfeld/schiefe Beleuchtung. Gut zu erkennen sind die zahlreichen Trichocysten.
Bild 2: Paramecium caudatum mit Markierung der kontraktilen Vakuole.
Bild 3: Bildausschnitt mit dem typischen Austrittsporus der kontraktilen Vakuole. Der Porus ist umgeben von vielen Trichocysten, die das Pantoffeltier zu einem bewaffneten und sehr wehrhaften Ciliaten machen. Zeiss Multi-Immersionsobjektiv 40/0,9 Ph3.
Bild 4: Fluoreszenzaufnahme des Zellkerns mit Macronucleus (Ma) und Micronucleus (Mi) und Phagosom (Ph). Die Phagosome (Nahrungsvakuolen) zeigen hier vor allem gefärbte DNA gefressener Bakterien.
Paramecium caudatum, ein Sumpfbewohner
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Re: Paramecium caudatum, ein Sumpfbewohner
Hallo Thilo,
danke für den Beitrag. Ich habe P. caudatum noch nie gefunden - so häufig ist der Freund wohl nicht! Auch Deine Beobachtung, dass die Lebensgemeinschaften sehr kleinteilig strukturiert sind, erstaunt mich immer wieder. Nimmt man eine Probe nur wenige dm von der ersten entfernt, erhält man oft eine völlig unterschiedliche Artzusammensetzung.
Gratulation zu Deiner Veröffentlichung, die ich mit viel Interesse gelesen habe!
Viele Grüße
Michael
danke für den Beitrag. Ich habe P. caudatum noch nie gefunden - so häufig ist der Freund wohl nicht! Auch Deine Beobachtung, dass die Lebensgemeinschaften sehr kleinteilig strukturiert sind, erstaunt mich immer wieder. Nimmt man eine Probe nur wenige dm von der ersten entfernt, erhält man oft eine völlig unterschiedliche Artzusammensetzung.
Gratulation zu Deiner Veröffentlichung, die ich mit viel Interesse gelesen habe!
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Re: Paramecium caudatum, ein Sumpfbewohner
Hallo Michael,
das ist in der Tat richtig. Paramecium spec. sind nicht häufig zu finden. Ich musste erst alt werden, bis es mir gelang die lange gesuchten Paramecium Arten, und dann derer gleich drei, in meinem Aquarium zu finden. Ich habe vor Jahren begonnen Aquarienwasser mit Milchtropfen zu füttern. Dann hatte ich nach zwei bis drei Wochen Millionen von Individuen in den Kulturen. In einem Wärmeschrank aus dem Zoofachhandel gedeihen sie bei 26°C besonders gut (siehe hier: viewtopic.php?f=45&t=530). Drei Arten von Paramecium halte ich nun seit fast zwei Jahren in Soßengläsern in Kultur, damit sie nicht wieder weglaufen. Sie sind hier meist vergesellschaftet mit Tetrahymena spec oder anderen kleinen Ciliaten.
P. caudatum und P. aurelia vom letzten Jahr sind meine ersten Wildfänge überhaupt. P. bursaria mit seinen Zoochlorellen ist vergleichsweise häufig anzutreffen. Das P. caudatum aus dem Rhein war eine Überraschung und ein reiner Zufallsfund. Wir haben es bei einem Treffen des Mikroskopischen Kollegiums Bonn nahe dem Sürther Bootshaus bei Köln in Ufernähe gefunden.
Foissner ordnet P. caudatum ebenfalls den sumpfigen Gebieten zu. Hier ist es den Tafeln des Colpidietum und Trithigmostometum zugeordnet. Wobei ich die Leitformen dieser beiden Tafeln in den Maaren hier bislang eher selten angetroffen habe und Paramecium caudatum bis zum vergangenen Freitag noch nie fand. Die Gesellschaft mit Spirostomum ambiguum und Spirostomum teres habe ich hier in der Ballenmaar ebenfalls bestätigt gefunden. Ebenfalls häufig zu dieser Jahreszeit ist Bursaria truncatella, die sich wohl an Spirostomum teres und P. caudatum gütlich tut. In der verbrannten Maar frisst Bursaria eher Vorticella, Carchesium oder Schalenamöben. In Kultur ist es mir hingegen noch nicht gelungen Bursaria mit P. caudatum als Futter zu halten. In der verbrannten Maar habe ich Paramecium caudatum oder P. aurelia bislang noch nie gefunden. Kein Wunder also, dass ich weder P. caudatum, noch P. aurelia beim Tümpeln in Teichen und ähnlichen Gewässern fand. Falsches Jagdrevier.
Es gibt wohl noch einen wissenschaftlichen Disput darüber, ob Paramecium spec. nun Zysten bildet, oder nicht. Das wäre jedoch fast eine Voraussetzung, um in derartigen astatischen Gewässern (Sümpfe, Flachgewässer) einen solch trockenen Sommer wie im letzten Jahr zu überdauern. Es sei denn, sie werden vom Wild (Wildscheine, Rotwild) zwischen den diversen Gewässern im Wald herumgetragen oder sie verkriechen sich in tiefere Bodenschichten bei Trockenheit.
Gruß
Thilo
das ist in der Tat richtig. Paramecium spec. sind nicht häufig zu finden. Ich musste erst alt werden, bis es mir gelang die lange gesuchten Paramecium Arten, und dann derer gleich drei, in meinem Aquarium zu finden. Ich habe vor Jahren begonnen Aquarienwasser mit Milchtropfen zu füttern. Dann hatte ich nach zwei bis drei Wochen Millionen von Individuen in den Kulturen. In einem Wärmeschrank aus dem Zoofachhandel gedeihen sie bei 26°C besonders gut (siehe hier: viewtopic.php?f=45&t=530). Drei Arten von Paramecium halte ich nun seit fast zwei Jahren in Soßengläsern in Kultur, damit sie nicht wieder weglaufen. Sie sind hier meist vergesellschaftet mit Tetrahymena spec oder anderen kleinen Ciliaten.
P. caudatum und P. aurelia vom letzten Jahr sind meine ersten Wildfänge überhaupt. P. bursaria mit seinen Zoochlorellen ist vergleichsweise häufig anzutreffen. Das P. caudatum aus dem Rhein war eine Überraschung und ein reiner Zufallsfund. Wir haben es bei einem Treffen des Mikroskopischen Kollegiums Bonn nahe dem Sürther Bootshaus bei Köln in Ufernähe gefunden.
Foissner ordnet P. caudatum ebenfalls den sumpfigen Gebieten zu. Hier ist es den Tafeln des Colpidietum und Trithigmostometum zugeordnet. Wobei ich die Leitformen dieser beiden Tafeln in den Maaren hier bislang eher selten angetroffen habe und Paramecium caudatum bis zum vergangenen Freitag noch nie fand. Die Gesellschaft mit Spirostomum ambiguum und Spirostomum teres habe ich hier in der Ballenmaar ebenfalls bestätigt gefunden. Ebenfalls häufig zu dieser Jahreszeit ist Bursaria truncatella, die sich wohl an Spirostomum teres und P. caudatum gütlich tut. In der verbrannten Maar frisst Bursaria eher Vorticella, Carchesium oder Schalenamöben. In Kultur ist es mir hingegen noch nicht gelungen Bursaria mit P. caudatum als Futter zu halten. In der verbrannten Maar habe ich Paramecium caudatum oder P. aurelia bislang noch nie gefunden. Kein Wunder also, dass ich weder P. caudatum, noch P. aurelia beim Tümpeln in Teichen und ähnlichen Gewässern fand. Falsches Jagdrevier.
Es gibt wohl noch einen wissenschaftlichen Disput darüber, ob Paramecium spec. nun Zysten bildet, oder nicht. Das wäre jedoch fast eine Voraussetzung, um in derartigen astatischen Gewässern (Sümpfe, Flachgewässer) einen solch trockenen Sommer wie im letzten Jahr zu überdauern. Es sei denn, sie werden vom Wild (Wildscheine, Rotwild) zwischen den diversen Gewässern im Wald herumgetragen oder sie verkriechen sich in tiefere Bodenschichten bei Trockenheit.
Gruß
Thilo